Unruhiger Schlaf als erstes Anzeichen von Parkinson

Schlagen Sie nachts um sich, treten aus und sprechen? Das könnte ein Warnsignal sein, denn unruhiger Schlaf kann unter Umständen Parkinson und andere Erkrankungen des Gehirns frühzeitig ankündigen. Forscher der Universität Aarhus haben herausgefunden, dass im Hirn von Patienten mit gestörtem Schlafverhalten Entzündungsprozesse die Produktion des Neurotransmitters Dopamin herabsetzen. Solch eine verminderte Dopaminausschüttung ist eine typische Erscheinung des Morbus Parkinson.

REM-Schlafstörungen

REM-Schlaf ist die Traumschlafphase, in der ein gesunder Mensch normalerweise völlig entspannt schläft und regeneriert. Kennzeichnend und namensgebend sind die hinter den geschlossenen Augenlidern erkennbaren, schnellen Augenbewegungen (Rapid Eye Movement). Sie zeigen, dass der Schlafende während dieser Zeit träumt. Alle anderen Muskeln werden vom Gehirn in dieser Phase sozusagen ausgeschaltet.

Bei einigen Personen ist es mit der Entspannung nicht weit her: Der Schalter funktioniert nicht, sodass sie während des Schlafes Arme und Beine bewegen und reden. Für solche unruhigen Nächte hat sich in der Medizin der Begriff Idiopathic Rapid Eye Movement Sleep Behaviour Disorder (IRBD) etabliert, sinngemäß eine Schlafstörung unbekannter Ursache während der REM-Phase. Eine solche IRBD findet man vor allem bei Menschen ab dem fünfzigsten Lebensjahr und öfters bei Männern als bei Frauen.

Hintergrund der Studie

In erster Linie Männer und vorwiegend Personen dieser Altersstufe? Das betrifft nicht von ungefähr auch zahlreiche Patienten mit verschiedenen hirnorganischen Erkrankungen. Unruhiges Schlafverhalten und Beeinträchtigungen der Hirntätigkeit wurden in den letzten Jahren immer wieder miteinander in Verbindung gebracht. Wie die entsprechenden Zusammenhänge aussehen könnten lag bisher völlig im Dunklen.

Viele der an einer IRBD Erkrankten entwickeln mit der Zeit Morbus Parkinson, Lewis-Körperchen-Demenz oder eine Multisystematrophie (MSA). Kennzeichnend für diese Beschwerden ist die Beteiligung des Eiweißes α-Synuclein, das die Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn reguliert. Daher fasst man diese Krankheitsbilder als Synucleinopathien zusammen.

Die Studie

Forscher der Universität und des PET-Zentrums Aarhus in Dänemark haben im Dezember 2017 in der Fachzeitschrift Lancet Neurology eine Studie veröffentlicht, in der sie Menschen mit solchen Schlafstörungen untersuchten. Dafür verwendeten sie zwanzig Patienten mit IRBD, bei denen dieser Befund in Schlafzentren in Aarhus und Barcelona gesichert nachgewiesen werden konnte. Diese verglichen sie in PET-CT-Untersuchungen mit neunzehn gesunden Probanden ohne Beeinträchtigungen des Schlafverhaltens.

Methode

PET ist die Abkürzung für Positronen-Emissions-Tomographie. Im Prinzip erzeugt man damit ähnlich wie bei einer Computertomographie (CT) Schnittbilder, die sich dreidimensional rekonstruieren lassen. Allerdings geschieht dies nicht wie bei einem „normalen“ CT mithilfe eines Kontrastmittels, sondern über die Strahlung einer schwach radioaktiven Substanz.

Als solche kamen zwei Radionuklide zum Einsatz. 11C-PK11195 sammelt sich in der sogenannten Mikroglia an. Das sind spezielle Gewebemakrophagen des Immunsystems, die Entzündungsprozesse im Gehirn vermitteln. 18F-DOPA bindet an das Enzym DOPA-Decarboxylase, das normalerweise für die Umwandlung von DOPA in Dopamin verantwortlich ist. Auf diese Weise lassen sich zum einen Entzündungen im Gehirn, zum anderen die Areale der Dopamin-Produktion bildlich darstellen.

Ergebnisse

Die Studie zeigte, dass bei Patienten mit IRBD jene beiden Hirnregionen Veränderungen aufweisen, die von Morbus Parkinson am stärksten betroffen sind. In der Dopamin-produzierenden Substantia nigra liegen Entzündungen vor und gleichzeitig nimmt die Dopamin-Produktion im Putamen ab. Die Immunzellen der Mikroglia scheinen bei IRBD die Dopamin-produzierenden Zellen des Putamens so zu schädigen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ausreichende Mengen des Botenstoffes auszuschütten.

Interpretation

Somit konnten die Wissenschaftler beweisen, dass der unruhige Schlaf des IRDB ein frühes Anzeichen von Morbus Parkinson sein kann. Er geht mit Entzündungsreaktionen einher, die zu der für Parkinson typischen verminderten Dopamin-Produktion führen. Dass inflammatorische Ereignisse in der aktivierten Mikroglia ein Risikofaktor für eine später auftretende Parkinson-Erkrankung sein dürften, ist eine hochinteressante neue Erkenntnis. Denn diese Entzündungsprozesse bieten erstmals eine Erklärung, wie die Abnahme der Dopamin-Produktion zustande kommt.

Ausblick

Diese Einsicht eröffnet zudem einen neuartigen Ansatz für Therapien, mit denen sich Parkinson und andere Synucleinopathien bereits im Frühstadium verhindern lassen. Ziel weiterer Forschung wird es sein, solche Entzündungen mit neuen Medikamenten rechtzeitig einzudämmen. Ist das gewährleistet, können die Dopamin-produzierenden Zellen weiterhin unbeschadet den Neurotransmitter bilden. So ließe sich nicht nur das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen, sondern es wäre gegebenenfalls sogar möglich, deren Ausbruch präventiv zu verhindern.

Zitierte Veröffentlichung
Morten Gersel Stokholm, Alex Iranzo, Karen Østergaard, Mónica Serradell, Marit Otto, Kristina Bacher Svendsen, Alicia Garrido, Dolores Vilas, Per Borghammer, Joan Santamaria, Arne Møller, Carles Gaig, David J Brooks, Eduardo Tolosa, Nicola Pavese (2017): Assessment of neuroinflammation in patients with idiopathic rapid-eye-movement sleep behaviour disorder: a case-control study. Lancet Neurology 16(10): 789-796. doi: 10.1016/S1474-4422(17)30173-4.