Verlust des Geruchssinnes als Vorzeichen des Morbus Parkinson

Rund drei Viertel aller Parkinson-Patienten haben ihren Geruchssinn komplett oder teilweise verloren. In einer jüngst publizierten US-amerikanischen Studie hat man diesen sensorischen Verlust im Vorfeld näher untersucht. Dabei stellte sich heraus, das dieser ein Warnsignal für eine bevorstehende Parkinson-Erkrankung sein könnte. Vor allem, wenn man weiß und männlich ist.

Schlechter Geruchssinn deutet auf Parkinson hin

Wissenschaftler der Michigan State University unterzogen 2.462 durchschnittlich 75 Jahre alte Teilnehmer einer Studie einem einfachen Geruchstest. Beim sogenannten B-SIT (Brief Smell Identification Test) muss der Proband zwölf Gerüche identifizieren, wie Banane, Zwiebel, Zimt und Terpentin. Zehn Jahre später waren 42 der Testpersonen an Morbus Parkinson erkrankt. Das war bei denen mit schlechterem Abschneiden im Geruchstest knapp fünfmal häufiger der Fall als bei denen mit gutem Geruchssinn. Interessanterweise galt diese ausgeprägte Korrelation nur für weißhäutige Männer. Bei weißen Frauen war dieser Effekt weniger stark ausgeprägt und bei Schwarzen generell nicht signifikant.

Morbus Parkinson beginnt im Riechhirn

Morbus Parkinson zieht die Dopamin-produzierende schwarze Substanz des Mittelhirns am stärksten in Mitleidenschaft. Trotzdem beginnt die Erkrankung woanders. Die ersten Anzeichen lassen sich im Hirnstamm und dem Hirnteil nachweisen, der für den Geruchssinn zuständig ist. Die Geruchswahrnehmung ist eine basale Fähigkeit aller Tiere. Bei unseren Vorfahren war der dafür zuständige Hirnteil am stärksten entwickelt. Eigentlich ist er das bei uns immer noch, denn das beherrschende Großhirn ist eine Weiterentwicklung des Riechhirns.

Geringe Spezifität

Veränderungen im Geruchssinn lassen nicht automatisch auf beginnenden Morbus Parkinson schließen. Eine Vielzahl anderer neurodegenerativer Erkrankungen, Rauchen oder das Alter führen zu ähnlichen Defiziten. Dementsprechend ist die Spezifität sehr gering. Erst wenn man andere Risiko- und Vorhersagefaktoren wie familiäres Vorkommen, REM-Schlaf-Verhaltensstörungen und Depressionen mit einschließt, wird daraus ein brauchbares Vorzeichen.

Geruchssinn als Vorhersagefaktor für Alzheimer

Die Nervenbahnen des Geruchssinnes stehen in direkter Verbindung zu Gehirnarealen, die für Langzeitgedächtnis und Verarbeitung von Emotionen zuständig sind. Gerade diese scheinen besonders anfällig für neurodegenerative Erkrankungen zu sein. Dazu gehört nicht nur Morbus Parkinson, sondern auch Alzheimer. Die Hintergründe hierzu sind schon seit längerem Gegenstand der Forschung.

Normaler Geruchssinn als Subtyp des Morbus Parkinson

Bereits 2015 konnten koreanische Forscher zeigen, dass die Erkrankung bei Parkinson-Patienten mit normalem Geruchssinn gutartiger verläuft als bei Patienten mit Geruchsbeeinträchtigungen. Letztere zeigten zudem wesentlich stärkere motorische Störungen. Daraus schlossen die Wissenschaftler, dass Morbus Parkinson mit normalem Geruchssinn einen eigenen klinischen Subtyp darstellt.

Literatur
Chen H, Shrestha S, Huang X, Jain S, Guo X, Tranah GJ, Garcia ME, Satterfield S, Phillips C, Harris TB; Health ABC Study (2017): Olfaction and incident Parkinson disease in US white and black older adults. Neurology 89(14): 1441-1447.
Bohnen NI, Muller ML, Sohn YH, Lee DH (2016): Is normosmic Parkinson disease a unique clinical phenotype? Neurology 86(17): 1649-1650.